VPB-Experteninterview
Hausbau in Zeiten von Pandemien
Stand: 01.08.2025
Bauen bedeutet immer eine nervliche Belastung für die Bauherren, ganz besonders jedoch während Pandemien, wie die Corona-Krise gezeigt hat. Materielle und personelle Engpässe, aber auch Veränderungen im Bauablauf durch Schutzmaßnahmen des Staates können für Verzögerungen sorgen. Davon sollten sich Bauherren nicht abschrecken lassen, wie die Erfahrung gezeigt hat. Lesen Sie hier, was es beim Bauen während einer Pandemie zu beachten gilt.
Antwort:
Vieles am Bau erfordert die Einbeziehung von Behörden, nicht nur das Baugenehmigungs- oder Genehmigungsersatzverfahren. Auch Sondernutzungserlaubnisse für das Aufstellen eines Montagekrans auf öffentlichem Straßenland und vieles andere mehr kann eine behördliche Entscheidung erfordern. Um die Ansteckunsgefahr zu verringern, werden nicht alle Behörden in voller Besetzung arbeiten, aber einen dauerhaften kompletten Stillstand können auch diese sich nicht leisten. Vielerorts werden Mitarbeiter zumindest im Homeoffice sein. Dann kommt es auf die Ausstattung für die digitale Abwicklung der Verfahren vor Ort an, ein Thema, das erst allmählich flächendeckend völlig zufriedenstellend gelöst werden wird. Dort, wo die Abläufe innerhalb des Bau- oder sonstigen Amtes dann schon weitgehend digitalisiert sind, gibt es kaum Verzögerungspotential. Viele Bauordnungen der Länder sehen zudem für kleinere Vorhaben - zu denen oft auch EFH-Neubauten und andere typische Projekte privater Bauherren gehören - Genehmigungsfreistellungsverfahren, Bauanzeigeverfahren oder Ähnliches statt des klassischen Baugenehmigungsverfahrens vor. Dort werden meist gesetzliche Fristen geregelt, innerhalb derer die Behörde nach Eingang z. B. der Bauanzeige mit vollständigen Unterlagen reagieren muss, um zu verhindern, dass nach Fristablauf losgebaut werden darf. Diese gesetzlichen Fristen haben während der Coronapandemie unverändert gegolten. Und eine Verlängerung dieser Fristen erfordert immerhin den Erlass eines Landesgesetzes. Selbst wenn diese angepasst werden sollten: auch hier wird kein dauerhafter kompletter Stillstand legalisiert werden können. Bauherren müssen dann lediglich die längeren Fristläufe einkalkulieren.
Antwort:
Die Baustelle ist aus Pandemiesicht vor allem ein Arbeitsplatz. So war zu Coronazeiten das maßgeblichste Recht die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassene „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ (mit etlichen Änderungen je nach Lage der Dinge). Für die Umsetzung auf der Baustelle ist grundsätzlich der Arbeitgeber, also der Bauunternehmer verantwortlich. Bauherren sollten sich jedoch immer über die dann geltenden Regeln informieren und diese natürlich auch selbst bei Baustellenbegehungen einhalten. Bauherren sind zudem selbst in der Pflicht: Sie sind verantwortlich dafür, dass die Regelungen der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung – BaustellV) eingehalten werden. Es ist nicht auszuschließen, dass eine Pandemielage auch dort zu Erweiterungen der Pflichten führt.
Erwartbare Regelungen sind etwa Mindestabstände auf der Baustelle. Je nach Situation vor Ort kann das bedeuten, dass nicht mehrere Gewerke gleichzeitig arbeiten können. Auch bei Baubesprechungen müssten Abstandsregeln eingehalten werden. Dafür müssen entweder digitale Lösungen angewendet werden oder vor Ort mehrere Pläne verfügbar sein. Ein zentraler Präventionsbaustein wird außerdem die Handhygiene sein. Eine Handwaschgelegenheit mit fließendem Wasser, Flüssigseife, Desinfektionsmittel und Papiertüchern möglichst nahe bei der Toilette ist aber heute sowieso Standard.
Antwort:
Eine solche Vereinbarung sollten Bauherren keinesfalls ohne vorherige rechtliche Prüfung unterzeichnen. Sie birgt die Gefahr, dass die Baufirma diese als Freibrief missbraucht und jede Verzögerung mit der Pandemie erklärt, um so ihrer Haftung für Verzugsschäden zu entkommen. Grundsätzlich muss jedoch die Baufirma, die den Fertigstellungszeitpunkt nicht einhalten kann, beweisen, dass die Verzögerung nicht durch sie verschuldet ist. Aus dieser Pflicht sollten Bauherren die Auftragnehmer auch nicht entlassen. Schließlich können Pandemien auch jahrelang dauern. Die daraus bedingten Verzögerungen kommen also irgendwann nicht mehr aus heiterem Himmel, anders als zu Beginn einer Pandemie. Grundsätzlich gilt: Private Bauherren, die heute einen Bauvertrag abschließen, können erwarten, dass der Auftragnehmer mögliche Verzögerungen in einem realistischen Maß eingeplant hat.
Antwort:
Es gibt die Möglichkeit, den Bauunternehmer vertraglich zu verpflichten, eine Sicherheit für die fristgemäße und (im Wesentlichen) vertragsgerechte Fertigstellung des Bauwerks zu stellen. Wer einen Verbraucherbauvertrag oder einen Bauträgervertrag abschließt und Ratenzahlung vereinbart, hat schon von Gesetzes wegen Anspruch auf eine solche Sicherheit in Höhe von fünf Prozent der Gesamtvergütung bei der ersten Abschlagszahlung. Je nach Insolvenzfall reicht diese Summe aber deutlich nicht aus. Nur: Für Baufirmen bedeuten diese Konstruktionen zusätzlichen Aufwand und Mehrkosten, die sie auf ihre Kunden überwälzen werden. Unabhängig von der jeweiligen Marktlage ist es für einzelne private Bauherren schwer, eine derartige Absicherung durchzusetzen. Alternativ gibt es sogenannte Baufertigstellungsversicherungen, die allerdings nur wirtschaftlich überdruchschnittlich solide Baufirmen bekommen können oder die Möglichkeit einer Zahlung des gesamten Werkes erst nach Fertigstellung, Abnahme und Übergabe einer prüffähigen Schlussrechnung. Beides verursacht Mehrkosten und beides wird nur von finanziell wirklich solide aufgestellten Firmen angeboten. Am Ende müssen Bauherren überlegen, was ihnen die zusätzliche Sicherheit wert ist. Pragmatischer ist es deshalb oft, mit Bausachverständigen genau zu prüfen, ob der Baufortschritt der jeweils geforderten Abschlagszahlung tatsächlich schon mangelfrei erreicht ist. Wer nur das zahlt, was auch gebaut ist, ist ohne Mehrkosten im Grundsatz abgesichert, denn so hat man einen Gegenwert für sein Geld.
Antwort:
In Pandemie-Zeiten gilt dasselbe wie in anderen Zeiten auch: Die Zahlungen müssen dem Baufortschritt angemessen sein. Ratenzahlungen dürfen nur dann verlangt werden, wenn die Leistung erbracht wurde. Auch wenn mit Hinweis auf die Außergewöhnlichkeit einer Pandemielage plötzlich weitere Gelder vom Bauunternehmen angefordert werden, sollten sich Bauherren nicht zu Zahlungsvorschüssen verleiten lassen. Die eine oder andere Firma mag in einer existenzbedrohlichen Situation sein, ohne dass die Bauherren das einschätzen können. Im Falle einer Insolvenz ist ein gezahlter Vorschuss weg.
Antwort:
Sofern nicht ausnahmsweise pandemiebedingte Sondervorschriften das unterbinden: Nein. Die Bauherren sind Eigentümer des Grundstückes und haben damit auch das Hausrecht. Ein Sonderfall ist nur beim Bau mit einem Bauträger gegeben: Dieser bleibt bis zur endgültigen Abnahme Eigentümer des Grundstücks und des Hauses und kann entsprechend den Zutritt verwehren. Aber auch hier ist bei bautenstandsabhängigen Ratenzahlungen von einem Kontrollrecht der Bauherren bezüglich des tatsächlich erreichten und mangelfreien Bautenstandes auszugehen.
Antwort:
Da die Gründe sehr vielfältig sein können, kommt es auf den Einzelfall an. Hier ist eine rechtliche Beratung sehr zu empfehlen. Formal ist jetzt zweierlei wichtig: Bauherren sollten den Bautenstand zum Zeitpunkt des Fristablaufes dokumentieren und der Baufirma – genau wie in Nicht-Pandemie-Zeiten – eine Frist zur Fertigstellung setzen. Dann gilt es zu überlegen, mit welchem weiteren Vorgehen die eigenen Interessen am besten durchgesetzt werden können. Das muss nicht immer konfrontativ oder durch Ausübung bestehender Rechte geschehen. Stehen beispielsweise Lieferengpässe der Fertigstellung im Wege, dann können vielleicht alternative Produkte gewählt werden. Bei Bauverzögerungen sollten Bauherren also in jedem Fall mit Sachverständigenhilfe überlegen, wie eine pragmatische Lösung aussehen könnte, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden und dem Ziel des Einzugs möglichst ohne unzumutbare Zugeständnisse näher zu kommen.
Antwort:
Zunächst einmal trägt die Baufirma bis zur Abnahme das Risiko, dass das halbfertige Gebäude Schaden nimmt und dafür niemand verantwortlich gemacht werden kann. Es liegt also in erster Linie in ihrem Interesse, dass alle Materialien vor Feuchtigkeit und anderen Witterungseinflüssen geschützt werden. Bauherren sollten das aber auf jeden Fall kontrollieren und gegebenenfalls auf Nachbesserungen der Sicherungsmaßnahmen bestehen. Werden erkennbare Missstände nicht behoben oder dauert der Baustopp länger an, ist es sinnvoll, unabhängige Sachverständige hinzuzuziehen und den Zustand der Baustelle vor und nach Ausführung von ihnen empfohlener Sicherungsmaßnahmen zu dokumentieren.
Während der Corona-Pandemie hat es sich gezeigt, dass es oft sinnvoller ist, fachkundig beraten eine pragmatische Lösung zu suchen, mit der alle Beteiligten gut leben können, als auf maximalen Konfrontationskurs zu gehen und dann womöglich in langwierigen Gerichtsverfahren mit dem drohenden Risiko der Firmeninsolvenz zu landen, bei denen der Sieg am Ende auch den Bauherren nicht mehr nützt.
Zu weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an das zuständige VPB-Büro in Ihrer Region: Berater finden.