Sicherheiten

Was ist wenn … das Haus nicht rechtzeitig fertig wird?

Am Bau kann vieles schief gehen. Der Bauunternehmer wird zum Beispiel nicht rechtzeitig fertig. Die privaten Bauherren müssen zwei Monate länger in ihrer Mietwohnung bleiben. Für die Verzögerung haftet der Unternehmer nach den gesetzlichen Voraussetzungen auf Ersatz des dadurch verursachten Vermögensschadens. Er müsste also den Bauherren die beiden Monatsmieten zahlen.

Aber was passiert zum Beispiel, wenn der Bauunternehmer das gar nicht mehr tun kann? Wenn er nicht imstande ist, das Geld aufzubringen und ein Insolvenzverfahren durchgeführt wird? Dann kann der Bauherr seinen Schadensersatzanspruch nur noch zur Insolvenztabelle anmelden und bekommt nach Jahren einen geringen Teil der beiden Monatsmieten ausgezahlt. Auf dem restlichen Schaden bleibt er sitzen. Es sei denn, er hat eine Sicherheit für diesen Fall.

Natürlich baut man nur mit einem Unternehmer, dem man auch zutraut, seinen Vertrag korrekt und vollständig zu erfüllen. Aber in die Zukunft kann niemand sehen. Bauvorhaben brauchen ihre Zeit, und es ist viel Geld im Spiel. Daher gilt auch hier: Vertrauen ist gut, Sicherheit ist besser.

Wie können sich Bauherren schützen?

Im oben genannten Beispiel wäre der Bauherr eines Verbraucherbauvertrages aus § 650m Abs. 2 BGB geschützt gewesen. Die Norm sieht einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit in Höhe von fünf Prozent des Werklohns durch den Bauunternehmer vor, wenn – was so gut wie immer der Fall ist – Abschlagszahlungen geleistet werden. Bei der ersten Abschlagszahlung wäre die Sicherheit zu stellen, was oft in Form einer Bürgschaft geschieht. Wenn der Unternehmer es verlangt, kann sie aber auch in Form eines Einbehalts erfolgen. Der Einbehalt ist für Verbraucher die praktischste Form. Da diese Sicherheit auch die rechtzeitige Herstellung des Werks erfasst, wäre der Mietausfalll als Verzugsschaden vom Sicherungszweck umfasst. Mit Nichtzahlung der Miete durch den Unternehmer trotz Fälligkeit des Verzugsschadensersatzanspruchs tritt der Sicherungsfall ein und die Sicherheit kann vom Verbraucher verwertet werden. Hier zeigt sich die Stärke des Einbehalts. Einem Bürgen muss man den Eintritt des Sicherungsfalles darlegen und im Streitfall auch nachweisen, bevor der Bürge zahlt. Einzige Ausnahme davon wäre eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, die in der Praxis so gut wie nicht vorkommt. Beim Einbehalt dagegen hat der Verbraucher das Geld schon in der eigenen Tasche.

Wer hat Anspruch auf welche Sicherheiten?

Sicherheiten darf verlangen, wer dazu durch eine Sicherungsabrede oder durch Gesetz berechtigt ist. Der Gesetzgeber sieht am Bau einigen Sicherungsbedarf und regelt daher in den §§ 631 ff. BGB an verschiedenen Stellen verschiedene Ansprüche dazu. Für Verbraucher-Bauherren sind dabei vor allem wichtig:

Die Bauhandwerkersicherung

§ 650f BGB gibt Bauunternehmern, die nicht einen Verbraucherbauvertrag, sondern einen Bauvertrag abgeschlossen haben, gegenüber ihrem Bauherren einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit für ihren noch ausstehenden Werklohn in Höhe von bis zu 110 Prozent. Man spricht hier auch von der Bauhandwerkersicherung. Es handelt sich um eine Erfüllungssicherheit. Ihre Kosten hat der Unternehmer den Bauherren bis maximal zwei Prozent pro Jahr zu erstatten.

Drei Probleme stellen sich hier dem Verbraucher. Da der Anspruch von Gesetzes wegen besteht, muss der Bauunternehmer diesen weder vertraglich vereinbaren noch zu Beginn der Baumaßnahme geltend machen. Der Bauunternehmer kann das Sicherungsverlangen wie ein Blitz aus heiterem Himmel stellen. Dann muss der Verbraucher oft nur innerhalb weniger Tage eine Sicherheit leisten.

Erstes Problem: Die Sicherheit kostet Geld. Banken sehen Sicherheiten quasi wie einen zweiten Kredit. Im Extremfall müsste also der Preis für das Haus zweimal finanziert werden können. Das gelingt kaum einem Verbraucher. Deswegen nutzen Bauunternehmer diesen Anspruch auch nicht so sehr als Sicherheit, sondern dazu, nach Nichtstellen der Sicherheit den Vertrag für sie günstig kündigen zu können.

Zweites Problem also: Der Bauunternehmer hat auf diesem Weg eine einfache Möglichkeit, sich zur Unzeit aus dem Bauprojekt zu verabschieden.

Drittes Problem: Nur bei einem Verbraucherbauvertrag besteht der Anspruch auf die Bauhandwerkersicherung nicht. Verbraucher, die ihr Haus nicht von einem einzigen Unternehmer bauen lassen, fallen dagegen in den Anwendungsbereich des Anspruches aus § 650f BGB!

Sicherheit für Verbraucher-Bauherren

Paragraph 650m Absatz 2 BGB gibt Verbraucher-Bauherren, die einen Verbraucherbauvertrag abgeschlossen haben, mit der ersten Abschlagszahlung einen Anspruch auf eine Sicherheit in Höhe von fünf Prozent des Werklohns für die rechtzeitige Herstellung der Werkleistung ohne wesentliche Mängel. Es handelt sich um eine Erfüllungssicherheit. Auch ein Bauträger, der neben der Bauleistung auch Eigentum an einem Grundstück verschafft, ist verpflichtet, diese Sicherheit zu stellen. Der Anspruch besteht von Gesetzes wegen. Er kann nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmers verringert oder ausgeschlossen werden. Die für den Verbraucher praktikabelste Form ist der Einbehalt. Zwischen den hier zulässigen Sicherungsmitteln (siehe Glossar) kann aber der Unternehmer wählen. Erhöht sich der Werklohnanspruch um mehr als zehn Prozent, dann ist mit der nächsten Abschlagszahlung eine weitere Sicherheit von fünf Prozent des zusätzlichen Vergütungsanspruches vom Unternehmer zu stellen. Der Grund der Werklohnerhöhungen (einseitige Anordnungen, Nachtragsvereinbarungen) während des Baufortschritts ist ohne Bedeutung.

Das Gesetz sieht derzeit keine Ansprüche für Gewährleistungssicherheiten am Bau vor, also Sicherheiten, die die Erfüllung von Gewährleistungs- beziehungsweise Mängelansprüchen absichern. Dafür müssen auch private Bauherren mit ihren Vertragspartnern entsprechende Sicherungsabreden vereinbaren. Exklusiv für seine Mitglieder bietet der VPB Informationen und Tipps zum Umgang mit einer Baugewährleistungsversicherung an.

Abschlagszahlungen für Bauunternehmer

§ 632a BGB sieht einen Anspruch auf Abschlagszahlungen auch für Unternehmer bei Bauverträgen und Verbraucherbauverträgen vor. Die Abschläge dürfen den Wert der erbrachten vertraglich geschuldeten Leistungen nicht übersteigen. Damit wird das so genannte Vorleistungsrisiko des Unternehmers abgesichert: eigentlich muss der Unternehmer bis zur Abnahme des fertigen Werks den Bau vorfinanzieren, er leistet das gesamte Werk vor. Die vor Abnahme gezahlten Abschläge sichern also die Erfüllung seines Werklohnanspruchs. Sie wirken wie eine Erfüllungssicherheit.

Ein Anspruch auf Abschlagszahlungen kann auch vertraglich vereinbart werden. Das ist in der Verbraucherbaupraxis die Regel: der Unternehmer gibt meist einen Abschlagszahlungsplan vor, der dem Erreichen bestimmter Bauleistungsstände Abschläge in prozentualer Höhe des Gesamtwerklohns zuordnet. Solche Vorgaben sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Auch hier dürfen die Abschläge den Wert der erbrachten vertraglich geschuldeten Leistungen nicht übersteigen. Sonst ist der Abschlagszahlungsplan unwirksam.

Da Abschlagszahlungen die Werklohnzahlung sichern, begrenzt das Gesetz weitere Sicherheiten für die Werklohnzahlung bei Verbraucherbauverträgen. So darf nach § 650m Absatz 4 BGB der Bauunternehmer vom Verbraucher neben Abschlagszahlungen keine Sicherheit für seinen noch ausstehenden Werklohn verlangen, der 20 Prozent des Werklohns oder die nächste Abschlagszahlungsrate übersteigt. Verwendet der Abschlagzahlungen nehmende Bauunternehmer in seinen AGB eine Sicherungsabrede, die eine Pflicht des Verbrauchers zur Stellung einer solchen Sicherheit vorsieht und die die oben genannten Grenzen übersteigt, dann ist die Sicherungsabrede unwirksam.

So kompliziert, wie es klingt, ist das aber gar nicht: Im Ergebnis soll der Bauunternehmer nur sein Vorleistungsrisiko absichern dürfen. Verlangt er gar keine Abschlagszahlungen, dann besteht sein Vorleistungsrisiko in Höhe des vollen Werklohns. Bei Abschlagszahlungen besteht es nur in Höhe der nächsten Abschlagszahlungsrate. Die 20 Prozent hat der Gesetzgeber aus Vereinfachungsgründen zugelassen.