Fertigstellung: Fertigstellungstermin muss eingehalten werden!

"Wann können wir endlich in unser neues Haus einziehen?" Die berechtigte Frage stellen sich fast alle Bauherren irgendwann im Laufe der Bauzeit. Und die meisten haben auch kein Glück: Bauzeitüberschreitungen und verschobene Einzugstermine sind keine Seltenheit. Das jedenfalls beobachten die Bausachverständigen des Verbands Privater Bauherren (VPB) seit Jahren. Für die einzelnen Bauherren allerdings haben solche Verzögerungen manchmal dramatische Folgen: Sie müssen Bereitstellungszinsen für das nicht abgerufene Darlehen zahlen, und sie stehen unter Umständen auf der Straße, weil sie die Mietwohnung fristgerecht gekündigt haben, aber noch nicht ins eigene Heim ziehen können. Vom Stress und der Ungewissheit, wann denn das Haus nun endlich fertig wird, ganz zu schweigen.

In jedem Fall hat der Bauherr den Schaden. Juristen sprechen von sogenannten Verzugsschäden. Viele Bauträger kalkulieren sie ein. Sie sichern zwar im Vertrag eine genaue Datumsangabe für den Einzug zu, weisen aber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den AGBs, darauf hin, für solche "Nichtpersonenschäden" bei leichter Fahrlässigkeit nicht haftbar zu sein. Das heißt, so der VPB: Sie ziehen ihren Hals damit aus der Schlinge und lassen die Bauherren im Regen stehen.

Zu diesem Problem hat das Oberlandesgericht (OLG) München (13 U 15/11, Urt. v. 15. 11. 2011) eine wichtige Entscheidung getroffen. Danach ist eine AGB unwirksam, wenn sie wesentliche Rechte des Vertrages so beschränkt, dass damit die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird. Wörtlich schreiben die Richter in ihrer Erläuterung dazu: "Die termingerechte Herstellung eines Wohnhauses oder einer Wohnung gehört zu den wesentlichen Pflichten eines Bauträgers. … Denn der Erwerber einer Wohnung muss unter Umständen seine bisherige Wohnung fristgemäß räumen, sich ein Darlehen bereitstellen lassen und den Umzug auf einen bestimmten Zeitpunkt fixieren. Demgegenüber kann allgemein ein Bauträger durch einen knapp oder unrealistisch festgelegten Fertigstellungstermin leichter Verträge mit Interessenten akquirieren und geht gleichzeitig bei Beschränkung der Haftung auf den Nutzungsausfall, der in den Kaufpreis eingerechnet werden kann, ein überschaubares Risiko ein."

Für private Bauherren ist dies eine wirklich gute Entscheidung, so der VPB. Bisher übliche Ausreden, wie Wasserschäden, technisch komplexe Bauabläufe, schlechtes Wetter, Krankheit oder die Insolvenz des Generalunternehmers zählen nicht länger. Wer als Bauträger einen bestimmten Fertigstellungstermin zusagt, der muss alles dafür tun, damit der vereinbarte Termin auch gehalten werden kann.

So weit so gut. Allerdings sind auch mit diesem Urteil die Unwägbarkeiten nicht vom Tisch. Wenn ein Bauträger in Verzug gerät, muss er zwar damit rechnen, vor Gericht zu Schadenersatz verurteilt zu werden, aber bis dahin ist es ein weiter Weg – eine Durststrecke für die Bauherrschaft. Damit sie nicht in der Zwischenzeit im Hotel leben muss, sollte der Baufortschritt laufend geprüft werden, empfiehlt der VPB. Wer seine Baustelle regelmäßig vom unabhängigen Sachverständigen kontrollieren lässt, der weiß, ob die Firma im Zeitplan liegt und kann gegebenenfalls gegensteuern. Einmal abgesehen davon, dass nur bei laufender Baukontrolle auch Mängel rechtzeitig entdeckt und behoben werden können.

Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon: 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.