40 Jahre VPB

Rede von Frau Prof. Dr.Ing.E.h. Christiane Thalgott

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Frau Bauministerin Hendricks, sehr geehrter Herr Staatssekretär Kelber, sehr geehrte Frau Ministerialdirektorin Loskamp, sehr geehrter Hamburger Gastgeber Hebestreit und alle anwesenden Bauherrinnen und Bauherren!
Sehr geehrter lieber Herr Präsident Penningh, Sie könnten doch die Bauherrinnen in Ihren Verbandsnamen aufnehmen und damit den vorhin geäußerten Wunsch auch die „Baufrauen“ nicht nur gut zu vertreten sondern im Vereinsnamen zu berücksichtigen, gleich erfüllen.

Heute dürfen wir mit dem Verband Privater Bauherren, die 80% unserer Wohnungseigentümer vertreten, den 40. Geburtstag und das Ergebnis ihrer zukunftsorientierten Wettbewerbsinitiative feiern.

Die meisten Wohnungseigentümer und privaten Bauherren sind Laien im Bauen, Frau Minister Hendricks, deshalb hat es uns Fachleute sehr betroffen gemacht, dass Sie beim Klimagipfel in Marrakesch ganz kurzfristig im deutschen Klimapakt die Landwirtschaft und die Industrie- beides Bereiche mit starken Lobbyverbänden- entlastet haben und die Gebäude, und damit viele Millionen Einzeleigentümer die hier vertreten sind, höher belastet haben (weil die das nicht oder erst später merken? ). Ist es da wirklich erstaunlich, dass viele Menschen wenig Vertrauen in die heutigen Repräsentanten der Politik haben und nach Anderen Ausschau halten, die ihre Interessen vertreten?

Der Verband Privater Bauherren vertritt die heutigen und zukünftigen Eigentümer und Eigentümerinnen und hat deshalb einen zukunftsorientierten Wettbewerb ausgelobt. Es wurden "robuste und fehlertolerante Ideen" gesucht, "die den Effekt der Ressourceneffizienz und des gesunden und nachhaltigen Bauens" befördern.

Drei Schwerpunkte waren gesetzt:
Städtebau: es sollten Restflächen aktiviert und kompakte Bauweisen gezeigt werden.
Technik: Nachhaltigkeit und Robustheit in Material und Konstruktion, die Ausführungs- und Nutzungsfehler tolerieren.
Architektur: Nutzungsneutrale Räume, Alters- und Kindergerecht, Freiräume mitgedacht.

Besonders die Fehlertoleranz ist wichtig nach den alltäglichen Erfahrungen in den Beratungen ihres Verbandes. Die Menschen wollen und können nicht mit Fachausdrücken gespickte Gebrauchsanweisungen lesen, verstehen und anwenden. Sie verreisen für Monate, haben Besuch, haben experimentierfreudige Kleinkinder im Haus, die schon mal Knöpfe drücken ...

Keep it simple! Ist die realistische Devise und das Erfolgsrezept.

Architekturlehrstühle aus ganz Deutschland und ihre Studierenden haben die Aufgabe bearbeitet. Sieben Arbeiten konnten wir auszeichnen.

Ein Einschub: Fehlertoleranz und Robustheit ist offensichtlich noch kein Thema in der Lehre; das wäre aber wichtig in unserer Überfluss- und Verschwendungsgesellschaft um in Zukunft Suffizienz zu ermöglichen und Resilienz zu erreichen. Allein die Forderung nutzt nichts; die Anwendung und Umsetzung muss gelernt werden, damit entscheidet sich der Erfolg.

7 Arbeiten für Anbauten, Umbauten und Neubauten haben wir ausgezeichnet.

2 Ankäufe á € 500,- für David Hambuch u.a. RWTH Aachen mit Holzbauprototypen und für Jonas Baedecker u.a. FH München mit Hochhäusern als Nachverdichtungsprojekt

5. Preis á € 800,- für Sascha Lehnhard, Hochschule Rhein-Main mit Wohnungen auf dem Dach gewerblicher Bauten

4. Preis á € 1.100,- für Jahiram Loganathan u.a. FH Dortmund für die Sanierung 7-geschossiger 50er Jahre Bauten

3. Preis á € 1.400,- für Maria Alejandra Maticorena u.a. FH München Hochhäuser als Nachverdichtungsprojekt am Mittleren Ring in München

2. Preis á € 1.700,- für Bettina Doser, Bauhaus-Uni Weimar mit der Ergänzung eines Eckhauses einer Gründerzeitbebauung

1. Preis á € 2.000,- für Jana Muschlewski, FH Dortmund, sie nutzt einen bahnparallelen Brachlandstreifen für ein schönes großes u. kluges Haus.

Alle Arbeiten bieten neben Individualräumen Gemeinschaftsflächen, damit für die zerbröselnden Familienstrukturen unserer heutigen Gesellschaft Nachbarschaft mit Hilfsnetzen, Nähe und Gemeinschaft entstehen können und so auch eine muckende Apparatur repariert und Blumen, Tiere oder anderes gewartet werden können.

Herzlichen Dank an alle Studierenden und Lehrenden – es sollten in einer nächsten Runde gerne mehr werden. Glückwunsch allen Preisträgern für Ihre guten Arbeiten! Mich freut natürlich sehr, dass so viele junge Frauen dabei sind. Sie verstehen vielleicht mehr vom Alltag; haben die jungen Herren da eventuell Nachholbedarf?

Liebe Studierende, die Themen sind wichtig und Sie sind wichtig! Von Ihnen hängt unsere erfolgreiche Zukunft beim Bauen ab. Es geht in Wirklichkeit nicht um immer höhere neue Anforderungen und Regeln für Nachhaltigkeit, sondern dass Otto und Ottilie Normalmensch sie ohne Ingenieurstudium im Alltagsleben anwenden können. So eine Differenz zwischen theoretischen Werten und der Realität wie bei den Autos von VW sollten und können wir uns beim Bauen nicht leisten- unsere Gebäude sind langlebiger!

Liebe Bauherrinnen und Bauherren die junge Architektengeneration wird Ihnen robuste und fehlertolerante Häuser bauen: sie lernen es gerade! Zu guter Letzt noch ein dringender Wunsch an unsere Politikerinnen und Politiker im Bundestag: wenn Sie wollen, wie Sie immer sagen, dass unsere vielen Eigentumswohnungen aus den 60er,70er und 80er Jahren energetisch und altersgerecht ertüchtigt werden, müssen Sie die Zustimmungserfordernisse des Wohnungseigentumsgesetzes reduzieren! Sonst können die vielen Eigentümer wegen weniger, die nicht können, wollen oder gar nicht erreichbar sind, nichts tun!

Vielen Dank!

Christiane Thalgott